Liebe Jugend von Aurich und Umgebung. Ich wurde gebeten, Euch bei eurer
Berufswahl etwas zu helfen und aus meinem speziellen Leben Anregungen zu
geben.
Ich bin in England großgeworden. Es war eine ganz andere Zeit. Es gab kein
Fernsehen, keine Handys und wir spielten auf der Straße, die kaum befahren war.
Wir bauten Seifenkisten und Ähnliches aus irgendwelchen Brettern, machten viel
Sport und, wenn wir nicht wussten, was wir tun sollen, gingen wir in den nahe
gelegenen Wald, machten Lagerfeuer, worin wir Kartoffeln brieten, kletterten auf
Bäume usw. Wie ihr seht, es war eine Traum Kindheit, in der wir unseren Ideen und
Phantasien lebten.
Ihr wachst in einer Umgebung des ´Wohlstands´ auf, bekommt in den Medien so viel
Unnützes vorgesetzt. Spielzeug ist alles vorgefertigt usw. Wer von euch ist noch im
Wald spielen gegangen? Nun seht ihr schon, dass es für uns viel einfacher war,
schon früh an etwas stärkeres Interesse zu entwickeln, woraus dann auch unser
Berufswunsch kam.
Ich wollte immer entdecken, wie die Welt funktioniert. Als ich dann meinen ersten
Kristalldetektor gebaut hatte und von ferne Stimmen hörte, fühlte ich mich, wie der
größte Entdecker. Es war ein tolles Gefühl. Das hatte ich alleine gemacht. Schlagt
mal unter Google nach, was ein Detektor war. Nur so viel, ein Vorläufer vom Radio.
Und so entwickelte sich schnell das Interesse für Physik, was ich dann nach dem
Abitur studierte. Und nun mein erster Rat an euch. Wählt als Beruf etwas, was euch
Freude macht. Ihr sollt ja den Rest eures Lebens tagtäglich in dem Gebiet arbeiten.
Lasst euch nicht von der Höhe des Verdienstes leiten, auch nicht vom guten Rat der
Verwandten bzw dem Vater, der gerne seinen Betrieb von euch weitergeführt haben
möchte. Nur ihr entscheidet. Auch die Schulnoten sollten keine Rolle spielen. Nur
macht es gerne und dann seid ihr auch gut darin.
Heute haben auch viele von euch das Gefühl, sie sollten etwas für den Erhalt der
Erde tun und z.B. in die Klimawissenschaft gehen. Das ist sehr nett gedacht. Aber ihr
könnt in jedem Beruf heute euren Beitrag leisten, im Kleinen oder im Großen. Es
braucht nicht der Nobelpreis zu sein. Ich habe nie an den Preis gedacht. Das haben
einige Journalisten falls interpretiert. Der kam für mich vollkommen überraschend. Ich
verdanke ihn auch vielen wunderbaren Mitarbeitern, die meine Ideen immer
aufgegriffen haben und so viel Eigenes zur Erkenntnis der Klimaentwicklung
beigetragen haben. Dennoch, wir wissen heute, dass die Erde und somit die
Menschen ein großes Problem haben und wo immer ihr euch im Leben einsetzen
werdet, überall könnt ihr helfen und retten.
In manchen Interviews mit mir klang es so als ob ich zu sicher bin, dass das
Klimaproblem auch von den Menschen gelöst wird. Wenn die Friday for Future
Bewegung nicht der gleichen Ansicht wäre wie ich, brauchten sie gar nicht auf die
Straße zu gehen. Die Lösung ist machbar. Also packt ihr jungen Menschen es an. Ich
habe Vertrauen in euch.
Alles Gute, seid glücklich und kreativ! Euer Klaus Hasselmann