Von Nick Winter und Renke Dirksen
07.10.2024 bis zum 18.10.2024
Das zweiwöchige Praktikum vom 07.10.2024 bis zum 18.10.2024 am Max-Planck-Institut für Quantenoptik war für uns (Nick Winter und Renke Dirksen) eine außergewöhnliche Erfahrung und ermöglichte einen tiefen Einblick in die moderne physikalische Forschung, welche nachhaltig inspiriert. Unter der Betreuung von Frau Dr. Stähler-Schöpf erlebten wir eine spannende Mischung aus theoretischen Einblicken, praktischen Experimenten und inspirierenden Begegnungen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
Einblicke in die Welt der Attosekundenphysik
Bereits am ersten Tag wurden wir im Eingangsbereich herzlich von Frau Dr. Stähler-Schöpf empfangen. Nach einer kurzen Einführung begann unser Praktikum damit, dass wir als Kursmitglieder einer Lehrerfortbildung miterlebten, wie verschiedene Laser vorgestellt wurden, die im Unterricht eingesetzt werden könnten. Beispiele sind ein Praseodym-Laser, der Laserstrahlen verschiedener Farben erzeugen kann oder ein Rubin-Laser, bei dem man den Fokus des Lasers selber einstellen kann. Anschließend erhielten wir eine Führung durch das berühmte Attosekundenlabor. Hier werden Lichtblitze erzeugt, die nur eine Attosekunde dauern – das entspricht 10^-18 Sekunden. Uns wurde anschaulich erklärt, dass das Verhältnis einer Attosekunde zu einer Sekunde dem einer Sekunde zum Alter des Universums entspricht. Diese Technologie ermöglicht es, extrem schnelle Prozesse, wie die Bewegung von Elektronen in Atomen, zu untersuchen. Besonders beeindruckend war, dass der Direktor des Instituts, Prof. Ferenc Krausz, 2022 für seine Arbeiten in diesem Bereich mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde.
Ab dem zweiten Tag konnten wir im Schülerlabor endlich selbst aktiv werden. Mithilfe detaillierter Anleitungen führten wir insgesamt 25 Experimente durch, die sich mit den Themen elektromagnetische Wellen, Licht und Materie beschäftigten. Die ersten 20 Experimente widmeten sich der klassischen Optik und vermittelten uns ein breites Verständnis für die grundlegenden Phänomene in diesem Bereich.
Zu den spannendsten Versuchen zählte die Musikübertragung mittels Licht. Hierbei wurde gezeigt, wie ein Audiosignal mithilfe von Licht übertragen und auf der Empfängerseite wieder hörbar gemacht werden kann – eine eindrucksvolle Demonstration dafür, wie Lichtwellen zur Informationsübertragung genutzt werden können. Ebenso faszinierend war die Messung der Haardicke mit Licht. Mit einfachen Hilfsmitteln konnten wir die Dicke eines einzelnen Haares präzise bestimmen, indem wir die erzeugten Interferenzmuster auswerteten.
Ein weiteres Highlight war das Experiment zur Zuckerkonzentration in einer Flüssigkeit. Mithilfe eines polarisierten Lichtstrahls wurde gemessen, wie stark der Zucker die Polarisationsebene drehte, wodurch die Konzentration genau bestimmt werden konnte. Solche Anwendungen der Optik sind uns im Alltag bisher kaum bewusst gewesen, und doch spielen sie in der modernen Technik eine wichtige Rolle.
Besonders beeindruckend war die sogenannte optische Pinzette. Mit einem fokussierten Laserstrahl konnten wir kleinste Teilchen in einer Flüssigkeit festhalten und sogar gezielt bewegen. Dieses Prinzip, das von Arthur Ashkin entwickelt wurde und ihm 2018 den Nobelpreis einbrachte, demonstrierte eindrucksvoll, wie Licht als Werkzeug in der modernen Forschung eingesetzt werden kann.
Nachdem wir diese vielseitigen Experimente zur klassischen Optik abgeschlossen hatten, wechselten wir zu einer völlig anderen Ebene der Physik: den Experimenten zur Quantenmechanik. Diese fünf Versuche führten uns in die spannende Welt der Quantenphysik und ließen uns auf spielerische Weise die faszinierenden Prinzipien dieses Bereiches kennenlernen.
Eines der beeindruckendsten Experimente war der sogenannte QM-Bombentester. Hier setzten wir ein Michelson-Interferometer ein, um das Konzept der Welcher-Weg-Information zu untersuchen. Das Experiment zeigte eindrucksvoll, wie die bloße Kenntnis darüber, welchen Weg ein Photon nimmt, das Ergebnis eines Versuchs beeinflussen kann.
Auch der Quantenradierer knüpfte an dieses Prinzip an. Durch den Einsatz von Polarisationsfiltern wurde uns gezeigt, dass Interferenzmuster, die zunächst verschwunden waren, wieder sichtbar werden, sobald die Welcher-Weg-Information gelöscht wird. Dieses Experiment verdeutlichte, wie entscheidend Information in der Quantenmechanik ist.
Beim Experiment zur Quantenkryptographie untersuchten wir das sogenannte No-Cloning-Theorem. Dieses fundamentale Prinzip der Quantenphysik, das besagt, dass Quantenzustände nicht kopiert werden können, bildet die Grundlage für sichere Verschlüsselungstechnologien. Es war spannend zu sehen, wie die Quantenmechanik in der modernen Technik angewendet wird.
Ein weiteres Highlight war der Quantenzufallsgenerator, der uns den echten Zufall in der Quantenwelt vor Augen führte. Anders als in der klassischen Physik, wo Zufall oft nur auf Unwissenheit basiert, ist der Zufall in der Quantenmechanik ein fundamentales Prinzip. Dieser Gedanke war zunächst schwer zu fassen, wurde aber durch das Experiment greifbar.
Natürlich durfte auch der klassische Doppelspaltversuch nicht fehlen. Mit diesem Experiment konnten wir den Wellen-Teilchen-Dualismus hautnah erleben. Licht und Materie können je nach Versuchsanordnung sowohl als Welle als auch als Teilchen erscheinen – ein faszinierendes Konzept, das uns herausforderte, unser klassisches Verständnis von Physik zu überdenken.
Den Abschluss bildete das Gedankenexperiment Schrödingers Katze. Mithilfe eines Modells, das aus einer Box mit mehreren Türen bestand, konnten wir uns mit der Überlagerung von Zuständen und der Quanten-Superposition auseinandersetzen. Dieses Experiment machte die abstrakten Ideen der Quantenphysik greifbarer und half uns, ihre Bedeutung besser zu verstehen.
Begegnungen mit Studierenden und Wissenschaftlerinnen
Einblicke in die berufliche Praxis und inspirierende Begegnungen
Am vierten Tag nahmen wir an einer Vocatium-Tagung teil. Frau Dr. Stähler-Schöpf hielt dort einen Vortrag, in dem sie das PhotonLab und dessen Ziele vorstellte, den wir unterstützten, indem wir ein Experiment zur Quantenverschränkung vorführten. Zudem boten die Vorträge auf der Tagung spannende Einblicke in verschiedene Bereiche, die auch außerhalb des physikalischen Anwendungsbereichs liegen. Beispiele sind ein Vortrag über die Hacker School, ein ehrenamtlicher Verband, der Schülern die Welt der Informatik näherbringen will, ein Vortrag über die richtige Nutzung von ChatGPT oder auch ein Vortrag von Siemens, der den Umgang mit Azubis behandelte. Besonders beeindruckend war die Begegnung mit Mihailo im Schülerlabor. Dieser Elftklässler baut ein eigenes Raman-Spektroskop für die Deutsche Physikmeisterschaft. Neben der Schule studiert er bereits Physik und besucht regelmäßig Universitätsvorlesungen. Seine Begeisterung für die Physik war inspirierend und motivierte uns, unsere eigenen Ziele, wie ein Physikstudium, ambitioniert zu verfolgen.
Am Wochenende war das MPQ geschlossen. Ursprünglich planten wir einen Ausflug zum Wank, einen Berg in den Voralpen, entschieden uns jedoch aufgrund von Zugausfällen für eine Erkundung der Münchner Altstadt. Diese Planänderung bot uns die Gelegenheit, die Münchner Architektur, wie die Frauenkirche oder das neue Rathaus, und die lebendige Atmosphäre mit den vielen Stadtmusikern und Menschen zu genießen.
Weitere Highlights
In der zweiten Woche am Montag erhielten wir eine weitere Führung durch das Attosekundenlabor, diesmal auf Englisch und geleitet von einem Postdoc. Dabei hatten wir Zugang zu einem Raum unterhalb des Labors, in dem die Attosekundenpulse analysiert werden. Dies ermöglichte uns noch tiefere Einblicke in die Forschungsarbeit. Zudem setzten wir unsere Experimente im Schülerlabor fort. Ein weiteres Highlight war der Besuch der ersten Physikvorlesung im Wintersemester zum Thema Experimentalphysik 1: Mechanik und Wärme. Bei dieser Vorlesung trafen wir erneut Mihailo. Nachmittags nahmen wir an einer Führung durch die Neutronenquelle in Garching teil. Uns wurden die Experimente gezeigt, die mit den erzeugten Neutronen durchgeführt werden können, wie beispielsweise das Bestrahlen von metallischen Objekten, um zu sehen, was sich im Inneren dieser befindet. Weiter wurde uns gezeigt, wo krebskranke Menschen einer Behandlung mit Neutronen unterzogen werden können, wobei diese Methode heutzutage kam noch genutzt wird. Danach wurde uns das Reaktorbecken gezeigt, welches zu diesem Zeitpunkt aufgrund einiger Arbeiten nicht lief. Eine Besonderheit war, dass wir einen offenen Castor sehen konnten, in dem in der Zukunft die ausgebrannten Brennstäbe zu den Zwischenlagern transportiert werden sollen.
Der Besuch des ESO Supernova-Besucherzentrums und des darin befindlichen Planetariums am Mittwoch brachte uns die Welt der Astronomie näher und ergänzte unsere bisherigen Erfahrungen perfekt. In der interaktiven Ausstellung wurden verschiedene Phänomene und Objekte des Weltraums veranschaulicht. Wir erfuhren, wie Technologien wie Teleskope und Satelliten genutzt werden, um den Weltraum zu erforschen, und konnten in einem beeindruckenden Film im Planetarium den Aufbau und die Entwicklung des Universums erleben. Besonders faszinierend war der Einblick in die Forschung zu Exoplaneten und die Frage, ob es Leben außerhalb der Erde geben könnte.
Am Donnerstag führte uns unsere Betreuerin Sonja Ertlová durch ein Einzelphotonenexperiment, bei dem wir lernten, wie Lichtteilchen nachgewiesen und untersucht werden können. Hierbei erzeugten wir mit einem Laser Photonen, die auf einen BBO-Kristall gestrahlt wurden. Durch die nichtlineare Struktur des Kristalls entstanden Photonenpaare, die sowohl miteinander verschränkt als auch einzeln auftreten konnten. Es war erstaunlich zu sehen, dass diese Einzelphotonen genau wie normales Licht interferieren und sich verhalten, als würden sie zwei Wege gleichzeitig nehmen.
Abschied und Rückblick
Unser letzter Tag begann mit einem Abschiedsbesuch am MPQ, bei dem wir uns herzlich bei unseren Betreuern und Mitarbeitenden bedankten. Am Nachmittag nahmen wir an einem Symposium der Heisenberg-Gesellschaft teil, bei dem Herwig Schopper, der ehemalige Generaldirektor des CERN, mit der Heisenberg-Medaille ausgezeichnet wurde und bei dem es auch einige weiter spannende Vorträge gab. Neben dem Vortrag von H. Schopper, in dem er von seinen persönlichen Begegnungen mit Heisenberg sprach, hielt Prof. Dr. Elisa Resconi einen Vortrag über die Neutrinoforschung am Polarkreis und Prof. Dr. Dr. Rolf Dieter Heuer, einen über die Erforschung der Welt der kleinsten Teilchen.
Insgesamt war das Praktikum am MPQ eine einmalige Erfahrung, die uns sowohl fachlich als auch persönlich bereicherte. Die Mischung aus praktischen Experimenten, spannenden Einblicken in die Forschung und inspirierenden Begegnungen hat unser Interesse an der Physik nachhaltig gestärkt. Zwei unvergessliche Wochen, die uns neue Perspektiven für unsere Zukunft eröffnet haben.