Praktikum am IZW Berlin
vom 22. Juli bis zum 3. August 2018
Von Marie Uphoff und Rica Wittenberg
Während der Sommerferien wurde uns, Rica Wittenberg und Marie Uphoff, im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage die Möglichkeit geboten, ein zweiwöchiges Praktikum am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin zu absolvieren. Während wir in der ersten Woche die verschiedenen Abteilungen des Instituts besucht haben, standen in der zweiten Woche Telemetriestudien bzw. Ausflüge zur Feldstation auf dem Programm.
Unser Praktikum begann mit einer kurzen Vorstellungsrunde, in welcher wir den Abteilungsleiter Christian Voigt und die Leiterin des Praktikums und stellvertretende Abteilungsleiterin Meike Matthews sowie weitere Mitarbeiterinnen der Abteilung der Evolutionären Ökologie (Abteilung 1) kennenlernten.
Nachdem wir mit den Sicherheitsanweisungen vertraut gemacht wurden, starteten wir mit der Einführung in die Laborarbeit. Auch die Hygienemaßnahmen innerhalb des Stabisotopenlabors wurde uns erläutert.
Die Systematisierung von verschiedenen Haarproben der Fledermausarten pipistrellus pipistrellus (Zwergfledermaus) und pipistrellus nathusii (Rauhautfledermaus) erfolgte am Nachmittag. Diese Arbeit setzten wir in den nächsten Tagen fort.
Ausgehend von der Abteilung 1 begaben wir uns dann später unter der Führung von Dr. Anne Berger auf eine Tour zur Telemetrierung von Igeln im Tierpark. Darunter versteht man die Ausstattung von Tieren mit Sendern und ihre anschließende Verfolgung durch die örtliche Fauna mit Hilfe spezieller Telemetriegeräte.
Das dazugehörige Forschungsprojekt untersucht, inwieweit sich Igel in ihrer Lebensweise und ihrem Verhalten an die städtischen Bedingungen anpassen können. Aus den Ergebnissen dieses Projekts sollen unter anderem Schutzmaßnahmen für die Verbesserung der Lebensräume von Igeln in der Natur entwickelt werden.
Das Thema Telemetrie beschäftigte uns auch außerhalb unseres Praktikums, da unsere Aktivitäten einer Masterstudentin auffielen, die für ihre Abschlussarbeit die Habitate von Kreuzkröten untersucht. Diese spezielle Krötenart ist zurzeit EU-rechtlich geschützt. Ihr deutschlandweit einziges Vorkommen befindet sich in Berlin-Pankow im Stadtteil Heinersdorf auf einem alten Güterbahnhof.
Durch die starken Änderungen der Witterungsbedingungen in den letzten Wochen konnten die Untersuchungen der Bäuche der Kreuzkröten jedoch nur morgens früh um 4 Uhr oder abends spät um 22 Uhr erfolgen. Dies schreckte uns allerdings nicht ab und wir halfen ihr sogar zweimal bei der Telemetrie und bei den Analysen der Lebensverhältnisse und den Mustern der Bäuche.
Da das IZW eine interdisziplinär arbeitende Forschungseinrichtung ist, die die Anpassungsfähigkeit von Wildtieren an den globalen Klimawandel untersucht und wissenschaftliche Grundlagen für neue Konzepte des Artenschutzes entwickelt, besteht dieses nicht nur aus der Abteilung „Evolutionäre Ökologie“, sondern aus fünf weiteren Teilbereichen, wie der Evolutionsgenetik oder dem Reproduktionsmanagement.
Meike Matthews bot uns die Möglichkeit, in andere Abteilungen hineinzuschauen, um deren Arbeitsweise kennenzulernen. So wurden uns Einblicke in die Arbeit des Teams von Eva Lempke, Juliane Kühne und Guido Fritsch gewährt, welches der Abteilung Reproduktionsmanagement angehört. Der Tätigkeitsbereich des Teams erstreckt sich von der Pflege der Nacktmulle bis hin zur Computertomographie und anderen bildgebenden Verfahren, die unter anderem für die im Haus vorzufindende Tierarztpraxis zur Untersuchung von Tieren genutzt wird.
Auch können verstorbene Tiere aus dem Tierpark dort untersucht werden, um möglicherweise die Todesursache herausfinden zu können.
Konkret bedeutete die Nacktmullpflege, am Vormittag die verschiedenen Nacktmull-Kolonien zu katalogisieren, wobei wir die Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Verhalten und Einrichtung der Gehege notierten. Anschließend halfen wir bei der Fütterung der Tiere, der Reinigung der Territorien und der Untersuchung der kranken Nacktmulle.
Dieses Projekt erforscht die biochemischen, hormonellen, immunologischen und genetischen Mechanismen der Altersprozesse.
Durch innerartliche und artübergreifende Vergleiche können innovative Erkenntnisse gewonnen werden. Jedoch funktioniert dieses nicht mit klassischen Modellorganismen, sondern hierbei wird auf die Nacktmulle zurückgegriffen. Der Grund dafür ist, dass „Heterocephalus glaber“, Nacktmulle, gegenüber anderen Nagetieren, die meist an Krebserkrankungen sterben, über ein viel höheres Genreparatursystem, eine Proteinstabilität und eine Erkrankungsresistenz verfügen.
Diese geringere Sterblichkeitsrate muss nicht über eine höhere Reproduktionsrate kompensiert werden. Einen den Nacktmullen ähnlichen Immunitätsstatus weisen Blindmäuse („Spallax“) auf, die ebenfalls vom Institut gehalten werden.
Am Nachmittag wurde uns das Verfahren der Computertomographie demonstriert. Das CT gehört zu den bildgebenden Verfahren. Durch eine um den Patienten rotierende Röntgenröhre können mit Hilfe der Röntgenstrahlung Schnittbilder oder Schichtaufnahmen von Tieren angefertigt werden. Anschließend werden die Aufnahmen durch den Computer zu zwei- oder dreidimensionalen Bildern zusammengesetzt. Da die Darstellung rein strukturell ist, sind keine körperlichen Funktionen darstellbar.
Die Feinheit der Aufnahmen resultiert aus der hohen Leistungsfähigkeit des Tomographen. Im Vergleich zur normalen Röntgenstrahlung wäre man bei dem CT im IZW der 4000-fachen Strahlung ausgesetzt. Im IZW können sowohl kleine Tiere wie Nacktmulle, Katzen, Erdmännchen und Nabelschweine als auch größere Tiere wie Wölfe, Zebras, Alligatoren oder Riesenschildkröten mit Hilfe des CT untersucht werden. Deutschlandweit werden alle toten Wölfe im IZW untersucht, da es eine unabhängige Forschungsstation ist und Neutralität im Bereich der Wolfsforschung großgeschrieben wird.
Außerdem ist das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung für seine Freiwild-Außenstelle in Niederfinow bekannt. Hier werden unter anderem Untersuchungen zur Reproduktionsbiologie europäischer Feldhasen auf embryonaler und fetaler Basis durchgeführt, jedoch auch zu den Faktoren und Mechanismen der Wurfgrößen und Geschlechterverhältnisse in den Würfen. Zur Unterstützung der reproduktionsbiologischen Forschung werden Experimente zur Beobachtung des Ernährungsverhaltens, der Partnerwahl und der Zucht und die bereits telemetrischen Erkundungen vorgenommen.
Während unseres Rundganges in der Feldstation der Außenstelle des IZW in Niederfinow, welche wir in der zweiten Woche besuchten, lernten wir alle Tiere auf dem Gelände kennen, Murmeltiere, Rehe, Feldhasen und Ziegen sowie Esel, Schafe und Wildmeerschweinchen.
Alles in allem sind wir sehr glücklich, am Praktikum teilgenommen zu haben. Jeder Tag war für sich interessant und wir konnten immer etwas lernen. Daher fiel uns der Abschied schwer, zumal wir sehr gut integriert worden sind. Wir durften an verschiedenen Workshops teilnehmen, welche sehr lehrreich waren. Deshalb verging das Praktikum wie im Fluge. Wir verbrachten auch einen Teil unserer freien Zeit am IZW. Wir trafen uns mit einer kleinen Gruppe, die ein Fotoshooting im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde machte, um dort Bilder für die Öffentlichkeitsarbeit zu produzieren.
Dieses Stipendium im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage war für uns eine sehr interessante, aufschlussreiche und bedeutsame Zeit, in der wir viele Ratschläge und Erfahrungen für unsere Zukunft mitnehmen konnten, wie z. B. die Mithilfe bei der Telemetrie, der Computertomographie oder der Tierpflege der Nacktmulle und Spallax. Die Chance, Menschen aus aller Welt kennenzulernen und sie bei der Arbeit unterstützen zu können, war ein prägendes Erlebnis. Wir bedanken uns hiermit ganz herzlich bei unserer Betreuerin Meike Matthews und allen beteiligten Mitarbeitern dieses Instituts, welche uns stets zur Seite standen und uns interessante Einblicke geben konnten.
Insgesamt möchten wir uns sowohl bei den Organisatoren und dem Förderverein der Auricher Wissenschaftstage als auch dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung für das unvergessliche Praktikum herzlich bedanken.