Programm 2024
Programm der
34. Auricher Wissenschaftstage
11. September 2024
Eröffnungsveranstaltung
Videogrußworte durch den Bundesminister der Verteidigung Boris Pistorius
Werden künstliche Intelligenzen uns abschaffen oder der Klimawandel uns dahinraffen? Die Zukunftsprognosen des Menschen scheinen derzeit eher düster. Gefragt ist die Rückbesinnung auf das, was uns als Spezies eigentlich ausmacht. Es ist Zeit für eine Ökologie des menschlichen Herzes.
16. September 2024
Kunst der Emotionen - Emotionen der Kunst
Prof. Dr. Kerstin Thomas
Erste Vorsitzende
Deutscher Verband für Kunstgeschichte
Universität Stuttgart
Bilder können emotionale Wirkung erzeugen, sie können uns abschrecken oder berühren. Doch was geschieht genau, wenn wir emotionale Bilder betrachten? Wie werden Gefühle medial konstruiert und wie wirkt sich dies auf das emotionale Erleben des Betrachters aus? Werden wir von Gefühlen anderer berührt, oder entwickeln wir eigene Gefühle? Der Vortrag geht der Frage nach, was die Emotionalität von Bildern bedeutet, wer sie hat und wie sie wirkt. Es wird betrachtet, wie künstlerische Formen Ausdruck erzielen und wie sie dadurch Wertungen, Geltungen und Sichtweisen vermitteln.
19. September 2024
Biodiversität und Geochemie der arktischen Gletscherumwelt
Prof. Dr. Liane G. Benning
GeoForschungsZentrum
Der Klimawandel und das damit verbundene Abschmelzen der Gletscher in der Arktis, insbesondere in Grönland, tragen jedes Jahr mehrere Millimeter zum Anstieg des globalen Meeresspiegels bei. Algen, die jeden Sommer auf dem Schnee/ Eis blühen, wirken sich auf dieses Schmelzen aus. Als Reaktion auf eine hohe UV-Belastung produzieren sie rote bis dunkelviolette Pigmente, welche die Albedo der Schnee- und Eisoberflächen reduzieren. Dadurch beschleunigen sie das Schmelzen des Grönländischen Eisschildes. In unserer Forschung untersuchen wir, wodurch die Blüten solcher Mikroalgen getriggert werden und welche biochemischen Prozesse die Vielfalt und metabolischen Funktionen dieser Algenblüten kontrollieren, und dadurch eine große Rolle in unserem Leben im Morgen bzw. in der Zukunft spielen werden.
Kurzvita Liane G. Benning
Liane G. Benning ist Professorin für Biogeochemie am GFZ in Potsdam sowie an der FU Berlin. Ihre Forschung beschäftigt sich mit biogeochemischen Reaktionen und Prozessen auf der Erdoberfläche und mit mikrobiellem Leben in Eis und Schnee. Ihre Forschung führt sie jedes Jahr in die Arktis nach Grönland, um dort herauszufinden, wie sich diese Reaktionen und Prozesse auf das Schmelzen des grönländischen Eisschildes auswirken, und somit auch auf die Erde und das weltweite Klima.
20. September 2024
Die Würde des Menschen ist unantastbar“, aber: Wie kam sie überhaupt ins Grundgesetz?
Viel ist in letzter Zeit wieder von der „Würde des Menschen“ die Rede. Sie gilt als wichtigster Grundsatz des Grundgesetzes der Bundesrepublik, steht aber auch am Anfang der UN-Charta von 1948 oder der Grundrechte-Charta der EU von 2000. Doch bis 1949 stand die Menschenwürde in keiner Verfassung an einer so prominenten Stelle wie mit dem Artikel 1 des Grundgesetzes. Wie kam es dazu? Was bezweckten die Väter und Mütter des Grundgesetzes damit? Welche Rolle spielten die Erfahrungen mit der Weimarer Demokratie und dem Nationalsozialismus, aber auch der „real existierende Sozialismus“ der DDR und der Sowjetunion? Im Vortrag geht es um verschiedene Wege der „Würde des Menschen“, die von der Weimarer Verfassung über Exil und Widerstand bis nach Bonn führen. Und gefragt wird auch danach, ob schon etwas damit gewonnen war, die „Würde des Menschen“ an den Anfang des Grundgesetzes zu stellen.
24. September 2024
Sepsis-ein Notfall
Prof. Dr. Klaus Hahnenkamp
Direktor
Universität Greifswald
Alle 2,8 sec stirbt ein Mensch weltweit an Sepsis. 20% der weltweiten Todesfälle sind mit einer Sepsis assoziiert. 11 Millionen Todesfälle ergeben sich daraus, wobei 75% der Genesenen Langzeitfolgen aufweisen. Das sind mehr Todesfälle Im Vergleich zu ischämischen Herzerkrankungen, zu Schlaganfällen und sogar zu Krebserkrankungen. Allein in Deutschland sind dies 320.000 Fälle im Jahr mit mindestens 75.000 Todesfällen. Die Sepsis steht damit an Stelle eins der Todesursachen, vor Herzinfarkt und Lungenkrebs. Diese Zahlen sind eher unterschätzt, da sie auf Abrechnungsdaten der Krankenkassen beruhen. Trotz dieser beeindruckenden Zahlen findet Sepsis in der öffentlichen Berichterstattung kaum Erwähnung und auch in den Krankenhäusern liegt der Fokus häufig auf anderen Erkrankungen. Sepsis ist jedoch ein Notfall, den jede*n treffen kann. Sie ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Die körpereigene Abwehrreaktion schädigt das eigene Gewebe und die Organe.
Das schnelle Erkennen einer Sepsis, die Sicherung der Diagnose und die frühe Behandlung sind der Grundpfeiler für das Überleben. Aufklärung, Schulung und Aufmerksamkeit sind essentiell. Seit mehr als einem Jahrzehnt sorgt der Sepsis Dialog der Universitätsmedizin Greifswald dafür, dass Sepsis als zeitkritischer Notfall wahrgenommen wird und die Sterblichkeit sinkt.
01. Oktober 2024
Das Genom und die Entstehung von Krebs
Prof. Holger Sültmann
Deutsches Krebsforschungszentrum
Heidelberg
Die exponentielle Entwicklung der Genomik in den vergangenen Jahrzehnten führte zu einem grundlegenden Wandel im Verständnis von Krebserkrankungen: Kein Tumor ist wie der andere; Krebs ist individuell und heterogen. Gleichzeitig ermöglichte die Genomforschung die Sequenzierung tausender Krebsgenome: Die personalisierte Therapie mit spektakulären Fortschritten bei einigen Tumorarten ist heute in vielen Tumorzentren Realität.
Der Vortrag erläutert die Bedeutung der Genomforschung für die aktuellen Konzepte der präzisen Krebsdiagnose und –therapie und gibt einen Ausblick auf die künftigen Herausforderungen in Klinik, Wissenschaft und Gesellschaft.
23. Oktober 2024
Frühneuzeitliche Visualisierungen: Geschichte der Wissenschaft und Medizin im Bild
Dr. Sietske Fransen
Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte
Welche Rolle spielten frühneuzeitliche Bilder (ca. 1500-1800) in der wissenschaftlichen und medizinischen Forschung? In unserer heutigen Zeit sind Bilder—von Fotografien bis zu Grafiken—von sehr großer Bedeutung für die Kommunikation der Wissenschaften wie auch in der Forschung selbst. Anhand von Beispielen aus der Anatomie, Architektur und der Mikroskopie zeige ich in dieser Vorlesung wie frühneuzeitliche WissenschaftlerInnen
als Teil ihrer Forschungen bereits Zeichnungen von eigener Hand anfertigten, um diese im kleinen Kreis zu diskutieren. Nachfolgend untersuche ich, wie diese Zeichnungen als gedruckte Bilder in Büchern ein Eigenleben entwickelten. Bereits in der frühen Neuzeit wurden solche Darstellungen benutzt, um aktuelle Forschung und neue Erkenntnisse zu interpretieren. Die Bandbreite reicht dabei von abstrakten Diagrammen bis hin zu naturgetreuen Bildern.
25. Oktober 2024
Die Kopflosen im Graben: Leben und Sterben vor 7000 Jahren in der jungsteinzeitlichen Siedlung von Vráble, Slowakei
Prof. Dr. Martin Furholt
Christian- Albrechts-Universität zu Kiel, Prähistorische Archäologie und Sozialarchäologie
Institut für Ur- und Frühgeschichte
2022 machte ein Team von Archäologen der Universität Kiel und der Slowakischen Akademie der Wissenschaften im Slowakischen Vráble einen spektakulären Fund: eine Massenniederlegung von mindestens 58 Menschen ohne Kopf, mehr als 7000 Jahre alt. Die Menschen – Männer, Frauen, Kinder - lagen in einem Graben, der damals einen Teil eines Dorfes umschloss. Wie sie starben, innerhalb welchen Zeitraums sie niedergelegt wurden, warum und wie ihnen die Köpfe abgenommen wurden, darüber herrschte zunächst Unklarheit, aber langsam lichtet sich der Nebel. Was wir lernen, hat erhebliche Konsequenzen für unser Bild der frühesten Bauern in Mitteleuropa, die vor 7000 Jahren eine wesentliche wirtschaftliche und soziale Grundlage unserer heutigen Gesellschaften etablierten.
Die ersten sesshaften Bauern erreichten Mitteleuropa um 5350 v.Chr. über Südosteuropa, und unterhielten zunächst über gut 200 Jahre weiträumige intensive Beziehungen zueinander, indem sie z.B. Heiratspartner austauschten, und so enge soziale Kontakte pflegten. Um 5100 v. Chr. gibt es aber Anzeichen von gehäuften Gewaltausbrüchen, und eine große Zahl von Befestigungsanlagen um die Siedlungen, und in Gräben solcher Befestigungen finden sich viele Deponierungen menschlicher Skelette, die auf sehr unterschiedliche Weise manipuliert wurden. Was war passiert? Viele Archäologen sehen diese Befunde als einen der frühesten Nachweise von Krieg in der Menschheitsgeschichte. Andererseits ist auch die rituelle Komponente der Totenbehandlung offensichtlich sehr wichtig, so dass zumindest unsere moderne Vorstellung von Krieg, oder gewaltsamem Konflikt als Erklärung nicht wirklich ausreicht. Unser Fund aus Vráble fügt dieser Diskussion eine neue Dimension hinzu. Welche Rolle spielten Gewalt und Krieg hier, welche Rolle Rituale, magische Handlungen, etwa zur Abwehr böser Geister, vielleicht in Form von Krankheitserregern? Dies sind alles noch offene Fragen, aber wir haben die Möglichkeit, unter dem Einsatz moderner Analysemethoden uns ihnen weiter anzunähern.
Quantencomputer sind spezielle Computer, die auf Basis der Quantenmechanik rechnen; im Gegensatz zu klassischen Computern, die auf Basis der klassichen Mechanik arbeiten. Die alternative Rechenart erlaubt es prinzipiell bestimmte Probleme zu lösen, die klassiche Computer nicht bewältigen können. Heutige Quantencomputer haben noch nicht genug Leistung, um diese Probleme zu lösen; jedoch werden jedes Jahr leistungsstärkere Computer vorgestellt. In meinem Vortrag erkläre ich, welche Probleme von Quantencomputer gelöst werden können, welche Herausforderungen überwunden werden müssen, und warum die Programmierung der Quantencomputer von morgen bereits heute von großem Interesse ist.